Goldrausch am Klondike: Die beschwerliche Reise der Goldsucher - „In der Hölle ist es wenigstens warm“ - WELT (2024)

Kopf des Tages Goldrausch am Klondike

„In der Hölle ist es wenigstens warm“

George W. Carmack hatte im kanadischen Norden ein ordentliches Auskommen, bis er im August 1886 im Klondike River Gold fand. Zehntausende folgten dem Ruf des Edelmetalls in die Wildnis, aber nur wenige machten ihr Glück.

| Lesedauer: 5 Minuten

Von Philip Cassier

Textchef ICON / Welt am Sonntag

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Egal, wie groß die Erwartungen waren, die ihn in die Gegend am Ende der Welt geführt hatten, und egal, wie es in seinem Kopf aussah, als er seinen Fund in der Hand hielt: Was George W. Carmack (1860–1922) an diesem Tag Mitte August 1896 mit seinen beiden Begleitern auslösen sollte, kann er unmöglich geahnt haben. Die gesamte kanadische Region um den Fluss Klondike war schon wenige Jahre später nicht mehr wiederzuerkennen, das Währungssystem der USA veränderte sich von Grund auf – und das Wort „Goldrausch“ hat er obendrein im allgemeinen Sprachgebrauch etabliert.

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Die Suche nach dem Edelmetall hat Menschen seit jeher fasziniert, versprach sie doch jenen großen Reichtum, die tatsächlich auf erkleckliche Vorkommen stießen. Die ersten neuzeitlichen Berichte über entsprechende Abenteurer spielen im Brasilien um das Jahr 1695. In den USA hatte das Metall quer durch das 19. Jahrhundert immer wieder Massen ins Delirium versetzt, unter anderem in Kalifornien, Montana und Colorado. Doch nichts reichte an das heran, was sich 1896 im Nordwesten des Kontinents in der Nähe der Grenze zu Alaska abspielen sollte.

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George W. Carmack war 1887 von San Francisco aus mit dem Ziel in das Gebiet um den Fluss Yukon gekommen, sich hier eine neue Existenz aufzubauen. Er ehelichte eine Frau aus dem indigenen Stamm der Tagish, die bald starb. Daraufhin heiratete er Shaaw Tlaa, eine Schwester seiner ersten Frau, die er „Kate“ nannte. Gemeinsam mit ihrer Tochter lebten sie von Handel, Fischerei und der Jagd, bis Carmack Kohlevorkommen entdeckte.

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Bei dem Fund, der sie zu vermögenden Leuten machen sollte, war eine Menge Zufall im Spiel. Im August 1896 fischte Carmack zusammen mit seiner Frau an der Mündung des Klondike Rivers. Sie begegneten dabei dem Goldsucher Robert Henderson. Der gab ihnen den Tipp, doch einmal am Rabbit Creek – heute der Bonanza Creek – nach dem Edelmetall zu suchen. Der Zuwanderer machte sich daraufhin gemeinsam mit den Indianern Skookum Jim und Dawson Charlie dorthin auf. Wenige Tage später stießen sie am „Discovery Claim“ auf riesige Mengen Gold.

Verdeutlicht man sich, dass zu dieser Zeit keine elektronischen oder gar soziale Medien zur Verfügung standen, die das Ereignis hätten verbreiten können, passierte das Folgende in unglaublicher Geschwindigkeit. Zwar war die Gegend so abgelegen, dass es fast ein Jahr dauerte, bis die Nachricht die Außenwelt erreichte – ihr Transport fand auf dem Raddampfer „Excelsior“ statt. Doch das setzte eine Lawine in Gang: Zuerst reisten vor allem Leute aus San Francisco zum Klondike River. Später kamen auch Europäer und Asiaten dazu.

Schon der Weg war – nett gesagt – beschwerlich. Mit dem Schiff ging es nach Alaska, von dort über unwegsame Pässe zu Fuß weiter bis zum Lake Bennett. Nach Kanada einreisen durfte nur, wer mindestens eine Tonne an Nahrung und Ausrüstung bei sich führte. Am See bauten diejenigen, die so weit gekommen waren, Boote, mit denen sie rund 740 Kilometer bis nach Dawson City fuhren – dem Epizentrum des Rausches, wo auch Carmack lebte. Er konnte es sich inzwischen leisten, andere mit einfachen Werkzeugen wie Pfannen für sich schürfen zu lassen.

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Wer das Wagnis, sich auf den Weg gemacht zu haben, überlebt hatte, auf den wartete zumeist die nackte Enttäuschung. Von den 40.000 Abenteurern, die in die Region strömten, wurden nur die allerwenigsten mit Reichtum belohnt. Als Faustregel galt: Je später man dazukam, desto jämmerlicher waren die Chancen, ein halbwegs erträgliches Leben zu führen, denn die ergiebigen Claims waren längst abgesteckt worden.

Eine medizinische Versorgung war so gut wie nicht vorhanden, die Preise in den Saloons dafür recht hoch – und viel zu hoch für all diejenigen jedenfalls, die sich vergeblich halb tot geschuftet hatten. Sehr gut beschreibt das eine Szene mit dem Comic-Cowboy Lucky Luke. Auf seine Bemerkung hin, es gehe ja zu wie in der Hölle, antwortet ihm ein Mountie: „In der Hölle ist es wenigstens warm.“

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Trotzdem war die Menge geförderten Goldes so groß, dass sie Auswirkungen auf das wirtschaftspolitische Verhalten des Nachbarlands im Süden hatte. Die USA gaben im Jahr 1900 ihren Widerstand gegen die Forderung auf, den Dollar an den Wert des Metalls zu koppeln. Lange hatte man sich dort gegen die Einführung des sogenannten Goldstandards gesträubt: Die Lehre besagte, zu geringe verfügbare Vorräte würden die umlaufende Geldmenge und damit die Wirtschaft einengen. Noch am 9. Juli 1896 hatte sich Präsidentschaftskandidat William Jennings Bryan bei einer Versammlung der Demokraten gegen eine solche Strategie ausgesprochen. „Die Menschheit soll nicht gekreuzigt werden an einem goldenen Kreuz.“ Die Funde in Kanada torpedierten dieses Argument massiv.

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George W. Carmack war zu dieser Zeit wieder nach Süden gezogen. Er trennte sich von seiner zweiten Frau, kam mit einer dritten zusammen, kehrte zurück nach Dawson, aber es hielt ihn dort nicht lange. Nach Jahren in Kalifornien starb er 1922 im kanadischen Vancouver als Mann, der für den Zufall des Jahres 1896 immer wieder beneidet worden war.

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Dieser Artikel wurde erstmals im August 2022 veröffentlicht.

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Author: Gregorio Kreiger

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